Das Fanfarenhaus – Stätte zur Pflege der Musik und der Kameradschaft


Rudi Kramer, Geiersbergstr. 7, 69242 Mühlhausen

 

Das Vereinsheim des Kraichgau Fanfarenzugs feiert 50. Geburtstag / Feierstunde /Dank an die Helferinnen und Helfer Mühlhausen

 

Fast jeder Mensch trägt den Wunsch nach einem eigenen Heim in sich, wo er sich geborgen fühlt. So braucht auch jeder musizierende Verein einen Ort der Begegnung, um zu musizieren und Kameradschaft zu pflegen. Seit genau 50 Jahren besitzt der Kraichgau Fanfarenzug ein solches Haus, eine guter Grund, dieses Ereignis festlich zu begehen. Mit dem Einzug der Fahnenschwinger, der Musikerinnen und Musiker in ihren historischen Trachten wurde die Feierstunde eröffnet. Anschließend erklangen festliche Fanfarenklänge im Saal. Später spielte auch die vereinseigene Brass Band zur Unterhaltung auf. Der 1. Vorsitzende Volker Koch begrüßte die Gäste, die mit Kaffe und Kuchen bewirtet wurden. Er erinnerte an die Gründerjahre des Vereins und an das Projekt Fanfarenhaus, das unter großen Opfern an Freizeit verwirklicht wurde. Auch heute noch sei man den vielen Frauen und Männern, die irgendwo im Vorder- oder Hintergrund am Bau mitgewirkt hätten, zu großem Dank verpflichtet. Aufgabe der jetzigen Generation sei es, das zu erhalten und mit Leben zu erfüllen, was damals mit viel Begeisterung, aber auch großen Anstrengungen geschaffen worden sei.

 

In alten Filmstreifen und Bildern erinnerte man sich an vergangene Zeiten. In einem altehrwürdigen Lokal, im „Gasthaus zum Lamm“ bei Familie Fellhauer begannen die Fanfaren ihre ersten Töne zu blasen. Von 1956 bis Anfang 1960 traf man sich dort einmal in der Woche zum Proben. Anschließend siedelte man in die „Reichspost“ über, weil das „Lamm“ seine Pforten schloss. Aber der Wunsch nach einem Eigenheim zum Üben und Feiern wurde immer lauter. Denn auch die zunehmende Zahl von Ehrenurkunden, Pokalen und Plaketten sollten einen würdigen Platz finden und von errungenen Siegen künden.

 

Man erinnerte sich an den ehemaligen Eis- und Bierkeller im Kellergeschoss der „Reichspost“, der in den letzten Jahrzehnten nur noch als Schuttabladeplatz gedient hatte. Es kostete viel Freizeit und Schweiß, bis aus dem gewölbten Keller ein gemütlicher Treffpunkt, ein gesellschaftlicher Mittelpunkt für den Verein, der „Kraichgaukeller“ wurde. Er war recht komfortabel eingerichtet mit Theke, Möbel, Musik, Telefon und einer Kegelbahn. Doch unter Tage fühlte man sich auf Dauer nicht wohl.

 

Die Vorstandschaft beschloss am 24. September 1967, am Waldrand unterhalb des Sportplatzes ein eigenes Übungs- und Gesellschaftshaus zu erstellen. Der ausgewählte Platz wurde von der Gemeinde Mühlhausen als Pachtgelände zur Verfügung gestellt. Architekt Karl Bechtel aus Wiesloch erarbeitete die Pläne und fertigte ein Modell. Schon zu Beginn des Jahres 1968 begannen die Aktiven des Fanfarenzugs nach dem ersten Spatenstich mit den Erdarbeiten. Unter der Bauleitung von Hans Wiesendanger ging man mit großem Eifer daran, das eigene Haus zu schaffen. Selbst auferlegtes Ziel war es, die vielfältigen Arbeiten in unzähligen Arbeitsstunden selbst zu erledigen; denn Reichtümer besaß der Verein nicht, aber viel Idealismus.

 

Er hatte nämlich Ehrenamtliche aus vielen Handwerkssparten, die wussten, wo man anpacken musste. Die Zahlen mögen belegen, welche Opfer an Freizeit von den Musikern damals gebracht wurden: 47 Musikproben, 22 Auftritte, dazu hunderte von Arbeitsstunden. Auch beim Innenausbau legten die Mitglieder selbst Hand an. Schließlich schuf Resel Herb aus Nußloch als Krönung das künstlerisch gestaltete Wandgemälde mit den Symbolen des Kraichgau-Fanfarenzugs, das heute noch die Front im Innern des Hauses ziert.

 

Handel, Handwerk und Gewerbe sowie die Bevölkerung Mühlhausens unterstützten das Bauvorhaben mit der „Aktion Bausteine“ in großartiger Weise. Bei der Grundsteinlegung wurde in einer Mauernische am Eingang des Fanfarenhauses eine Kapsel mit verschiedenen Erinnerungsstücken eingemauert. Darin findet sich auch ein Schriftstück mit dem Wunsch: „Möge der Bau des Fanfarenhauses dazu beitragen, dass der Verein stets eine gute Kameradschaft und musikalische Leistung bringen kann“. Als Höhepunkt des Jahres 1968 feierte die Fanfarenfamilie vom 11. bis 13. Oktober die Einweihung des neuen Fanfarenhauses. Nach der Segnung durch Pfarrer Kurz übergab Architekt Bechtel das Riesenmodell eines Schlüssels an den damaligen 1. Vorsitzenden Werner Klefenz. Damit hatte ein neues Kapitel in der Geschichte des Vereins begonnen. Mit Hochachtung darf man von einer beeindruckenden Gemeinschaftsleistung sprechen. Die Verantwortlichen sahen dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Denn man war stolzer Hausbesitzer – mit allen Vorteilen und allen Sorgen. Was im neuen Fanfarenhaus noch fehlte, war ein gemütlicher Raum für kleinere Veranstaltungen und Besprechungen. Diesen schufen sich die Mitglieder unter der Bauleitung von Manfred Schleweis in Eigenarbeit: Die Landsknechtsstube. Sie wurde anlässlich der Winterfeier 1979 ihrer Bestimmung übergeben.

 

In seinem Grußwort zum 50-jährigen Jubiläum des Fanfarenhauses nannte Bürgermeister Jens Spanberger das Vereinsheim einen „wichtigen Baustein für die Vereinsarbeit, Geselligkeit und Kameradschaft“ sowie „das Fundament für eine erfolgreiche Zukunft“. Mutige Männer seien es gewesen, die im Jahre 1956 den Verein gründeten, in die Zukunft blickende Vereinsmitglieder hätten dann in den Sechziger Jahren die Idee vom eigenen Haus vorangetrieben und mit einem beispiellosen Einsatz und Eigenleistungen verwirklicht. Nur so sei es möglich gewesen, auf allen Gebieten eine erfolgreiche Vereins- und vor allem Jugendarbeit zu betreiben. Mit einem aufmunternden „Weiter so!“ wünschte Jens Spanberger dem Verein eine musikalisch und gesellschaftlich gute Zukunft.

11.11.2018